Familienanumordnungen im Display der Zeitschrift Schöner Wohnen (1960–1979)
Im Erscheinungszeitraum zwischen 1960 und 1979 werden in der Schöner Wohnen verschiedene – und in ihrer Heteronormativität doch gleichbleibende – Familienmodelle zu sehen gegeben. Die Bilderstrecken und Reportagen zeigen uns nicht ausschließlich ‚traditionelle‘ Kleinfamilien mit fest umrissenen Rollenverteilungen: Zwischen den Seiten, manchmal nur durch ein Umblättern voneinander getrennt, werden teils entgegengesetzte Ansichten von Familie, Geschlechterdifferenz und Erziehung an_geordnet und ins Bild gesetzt. Diese ambivalenten Gleichzeitigkeiten spiegeln die historischen Bewegungsmuster gesellschaftspolitischer Diskurse um die Konzeption Familie wider. So findet man in der Schöner Wohnen auch Einrichtungstipps für den ‚hierarchiefreien‘ Allraum, mobiles Interieur für flexibleres Zusammenleben und ab und an auch ungewohnte, weil unaufgeräumte Wohnansichten. Die Um/Ordnung familialer Verhältnisse wird dabei nicht selten begleitet von einer Un/Ordnung des Wohnzimmers: Das un- und umgeordnete Interieur wird dabei im Display der Zeitschrift parallel zu den beweglicher werdenden Beziehungsweisen innerhalb des familialen Gefüges inszeniert. Der Vortrag untersucht die ästhetischen Strukturen der Zeitschrift als visuelle Ordnungsmuster, die zugleich Vorstellungen von Familie und Wohnen vernetzen und in Beziehung setzen.
Rosanna Umbach ist eine Kunstwissenschaftlerin aus Bremen, die zu visuellen Politiken des Wohnens forscht und über Un:Gewohntes nachdenkt. Sie promoviert am Institut für Kunstwissenschaft – Filmwissenschaft – Kunstpädagogik der Universität Bremen und ist Mariann-Steegmann-Stipendiatin. Ihr Dissertationsprojekt Un/Gewohnte Beziehungsweisen – Visuelle Politiken des Familialen im Schöner Wohnen Magazin der 1960er und 1970er Jahre untersucht Wohnkonzepte und die darüber angelegten Beziehungsweisen, die im Display der Schöner Wohnen ins Bild gesetzt und eingerichtet wurden. Seit 2015 ist sie Mitarbeiterin am Mariann Steegmann Institut. Kunst & Gender und Mitglied der dort angesiedelten Forschungsgruppe wohnen+/-ausstellen sowie des Forschungsprojekts Wohnseiten. Deutschsprachige Zeitschriften zum Wohnen vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart und ihre medialen Übertragungen. Gemeinsam mit Anna-Katharina Riedel gestaltet sie die Radiosendung Wohnfrequenz – Zuhörgespräche über Wohnbilder auf Sphere Radio. Aktuelle Publikationen (Auswahl): „Mehr Demokratie ins Wohnzimmer!“ – Die Uᵚnordnung der Wohnverhältnisse im Schöner Wohnen Magazin der 1960er und 1970er Jahre, in: Nierhaus, Irene; Kathrin Heinz, Rosanna Umbach (Hg.): WohnSeiten: Visuelle Konstruktionen des Wohnens in Zeitschriften, Schriftenreihe wohnen+/-ausstellen, Bielefeld: transcript Verlag, 2021; Mutter_schafft. Von un/sichtbarer Hausarbeit im Schöner Wohnen Magazin der 1970er Jahre, in: Eck, Katharina; Kathrin Heinz, Irene Nierhaus (Hg.): FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und Visuelle Kultur, Heft 64, Seitenweise Wohnen: Mediale Einschreibungen, Marburg: Jonas Verlag.
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Family (re)arrangements in the display of the magazine Schöner Wohnen (1960–1979)
In the publication period from 1960 to 1979, the lifestyle magazine Schöner Wohnen presents different – although uniform in terms of their heteronormativity – family models. The pictorial sequences and reportages do not exclusively show us ‘traditional’ small families with a precisely defined allocation of roles. Between the pages, sometimes separated by only a few flicks of the thumb, partly contrasting views of the family, gender difference and upbringing are arranged and depicted. These ambivalent simultaneities reflect the historical pattern of movement of socio-political discourses concerning the conception of the family. For example, in Schöner Wohnen one also finds furnishing tips for a non-hierarchical all-purpose space, a mobile interior for more flexible cohabitation, and now and then views of dwelling spaces that are unusual in that they have not been tidied up. The re/arrangement of familial relationships is frequently accompanied by a dis/order of the living room. In the magazine display the disordered and rearranged interior is staged parallel to an emerging flexibility within the familial structure. This paper examines the aesthetic structures of the magazine as a visual pattern of order which also interconnects concepts of family and dwelling and relates them to one another.
Rosanna Umbach is an art scholar from Bremen who researches the visual politics of dwelling and reflects on the un:usual. She is doing a doctorate at the Institute for Art History – Film Studies – Art Education at the University of Bremen and is a recipient of the Mariann Steegmann Scholarship. Her doctoral dissertation is titled Un/usual ways of relating – visual politics of the familial in the magazine Schöner Wohnen in the 1960s and 1970s and examines dwelling concepts and the relational forms tailored to them that are established and constructed in the Schöner Wohnen display. Since 2015 she has been a staff member of the Mariann Steegmann Institute – Art & Gender and a member of the research group wohnen+/-ausstellen (dwelling+/-exhibiting) and the research project Lifestyle pages – German-language home journals from the 19th century to the present and their dissemination as media. Together with Anna-Katharina Riedel she produces the radio broadcast Wohnfrequenz – Zuhörgespräche über Wohnbilder for Sphere Radio. Recent publications (selected): “‘Mehr Demokratie ins Wohnzimmer!’ – Die Uᵚnordnung der Wohnverhältnisse im Schöner Wohnen Magazin der 1960er und 1970er Jahre,” in: Nierhaus, Irene, Kathrin Heinz and Rosanna Umbach (eds): WohnSeiten: Visuelle Konstruktionen des Wohnens in Zeitschriften, Schriftenreihe wohnen+/-ausstellen, Bielefeld: transcript Verlag, 2021; “Mutter_schafft. Von un/sichtbarer Hausarbeit im Schöner Wohnen Magazin der 1970er Jahre,” in: Eck, Katharina, Kathrin Heinz and Irene Nierhaus (eds): FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und Visuelle Kultur, no. 64, Seitenweise Wohnen: Mediale Einschreibungen, Marburg: Jonas Verlag.